
SPD Erfurt trauert um Dr. Holger Poppenhäger
15. Oktober 2025
Die letzte Ortsvereinssitzung der SPD Erfurt Süd im Jahr 2025 führte uns am 17. Dezember nicht in einen Sitzungsraum, sondern mitten in die Geschichte unserer Stadt. Treffpunkt war das Rathaus, genauer gesagt der Chanukka-Leuchter – ein passender Ausgangspunkt für einen besonderen Stadtrundgang zum jüdischen Erbe Erfurts.
Unter der fachkundigen und sehr engagierten Leitung unserer Genossin Doris Winter begaben wir uns auf eine Reise durch mehr als 900 Jahre jüdische Geschichte. Es ging vor allem um die fünf Erfurter Synagogen, die Doris bewusst zeitlich rückwärts – von der Gegenwart bis ins Mittelalter – vorstellte.
Zunächst berichtete Doris Winter über die Neue Synagoge, dem Zentrum jüdischen Lebens in Erfurt seit 1952. An gleicher Stelle befand sich seit 1884 die Große Synagoge, die am 9. November 1938 zerstört wurde, aber mittels einer VR-Brille wieder erlebbar ist.
Danach stand die Kleine Synagoge, direkt hinter dem Rathaus leicht zu finden, im Mittelpunkt: 1840 als Synagogenbau errichtet und bis 1884 genutzt, anschließend verkauft, diente sie unter anderem als Fasslager und später als Wohnhaus. Erst 1988 wurde sie als ehemalige Synagoge wiederentdeckt, saniert und ist heute eine wichtige Begegnungsstätte.
Die Kleine Synagoge liegt in unmittelbarer Nähe zur Synagoge der zweiten mittelalterlichen jüdischen Gemeinde (1354-1453). Besonders eindrucksvoll war hier der Hinweis auf die Kontinuität des Ortes, da zwischen diesen beiden Synagogenbauten eine zeitliche Lücke von über 350 Jahren besteht, während der keine Juden in Erfurt ansässig werden durften. Doris Winter erläuterte auch aktuelle Planungen: Vor dem Bau des UNESCO-Welterbezentrums im Bereich des Parkplatzes sollen archäologische Ausgrabungen stattfinden und man hofft, dabei noch Reste dieses Baus freizulegen. Bereits 2012 wurde bei einer Sondage ein Schlussstein des Synagogenbaus geborgen, der heute im Durchgang bei der Kleinen Synagoge ausgestellt ist.
Weitere Stationen waren die Hefengasse, wo 2007 Reste der jüdischen Gemeindebäckerei ausgegraben wurden, und die Mikwe, deren Entdeckung und Ausgrabung ab 2006 maßgeblich dazu beitrug, erstmals über einen UNESCO-Welterbeantrag nachzudenken.
Zum Abschluss ging es zur Alten Synagoge, dem Zentrum der ersten mittelalterlichen jüdischen Gemeinde. Doris Winter schilderte eindrücklich das Pogrom vom 21. März 1349, die spätere Umnutzung des Gebäudes und seine Wiederentdeckung. Mithilfe dendrochronologischer Untersuchungen kann der älteste Teil des Gebäude auf das Jahr 1094 datiert werden.
Ein besonderer Abend für uns alle im Ortsverein Erfurt Süd
Schließlich erfuhren wir mehr über den berühmten Erfurter Schatz, dessen Abbildung auf einer Infotafel im Hauseingang Michaelisstraße 43/44 zu sehen ist. Der Umfang, die Auffindung und die internationale Ausstellungsgeschichte des Schatzes sind einzigartig.
Abgerundet wurde der Rundgang durch eine kurze Einordnung des Steinernen Hauses, das als drittes Objekt - neben Mikwe und Alter Synagoge - zum UNESCO-Welterbe gehört.
Die Ausführungen haben uns verdeutlicht, welche historische Bedeutung das jüdische Erbe Erfurts besitzt und auch internationale Beachtung findet.
Nach so vielen Eindrücken klang der Abend gemeinsam auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt aus. Bei Glühwein und guter Stimmung wurde weiter diskutiert und das Jahr gemeinsam abgeschlossen. Der Rundgang zeigte eindrucksvoll, wie politische Bildungsarbeit, Erinnerungskultur und gemeinschaftliches Miteinander im Ortsverein miteinander verbunden werden können.
Ein herzlicher Dank gilt Doris Winter für diese hervorragend vorbereitete und durchgeführte Führung. Sie hat Geschichte lebendig gemacht – und diesen Abend für uns alle besonders.





